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Forst / Grün

Mönchengladbacher Landwehren

Bis ins 17. Jahrhundert hinein grenzten sie Herrschaftsgebiete ein, schützten die Bevölkerung vor feindlichen Übergriffen und hielten Vieh davon ab, auf fremden Weiden zu grasen: Die Rede ist von Landwehren. Heute finden wir noch 13 Teilabschnitte von Landwehren, die einmal beinahe das gesamte heutige Mönchengladbacher Stadtgebiet durchzogen.

„Eine der ersten und wichtigsten Landwehren, die Äußere Viersener Landwehr, wurde ab dem 15. Jahrhundert zwischen Gladbach, das zum Herzogtum Jülich-Berg zählte, und dem benachbarten Viersen auf Gelderner Territorium errichtet“, sagt Werner Stops, mags-Revierförster. In diesem Fall diente diese nördlichste Mönchengladbacher Landwehr als Sperrwerk zwischen den beiden Herrschaftsgebieten. Auf Fragmente dieser einst kilometerlangen Wehr treffen wir in Rasseln, Winkeln, Venn und Großheide.

Gräben und Wälle

Landwehren sind also natürliche Erdhindernisse, die in verschiedenen Varianten angelegt wurden; als ein Graben eingefasst von zwei Wällen zum Beispiel, oder als eine Wehr aus drei Gräben mit vier Wällen. In der letztgenannten Ausführung war der mittlere Graben tiefer als die beiden anderen angelegt. Es sind diese Konstruktionen, weswegen die Mönchengladbacher Landwehren als städtische Bodendenkmäler eingetragen sind. Ein Beispiel einer solchen Konstruktion ist das Teilstück der Äußeren Viersener Landwehr nördlich von Mönchengladbach-Rasseln, das sich nach Angaben der Stadt Viersen heute noch als gut erhaltener, fünf Meter breiter Wall von 120 m Länge sowie mit Gräben von teilweise drei Meter Tiefe zeigt.

Gräben und Wälle sind typisch für Landwehren.
Gräben und Wälle sind typische Merkmale eine Landwehr.

Durchgänge

Verschiedene Durchgänge teilten die Landwehren; größere Durchgänge, auch mit Schlagbaum, Tor oder Planken gesichert, waren für die Durchfahrt von Fuhrwerken angelegt. Wer hier weiterfahren wollte, musste erst einen Zoll zahlen. „An der Hardter Landwehr auf Höhe der Straße ‚Am Kuhbaum‘ befand sich eine Durchlassstelle mit drehbarem Pfahl. Dort passte jeweils nur eine Kuh oder ein Pferd hindurch“, weiß Werner Stops.

Schlehenbüsche wie im Hardter Wald bieten wegen ihrer Dornen Schutz auf alten Wallanlagen.
Schlehen wurden häufig auf Landwehren gepflanzt, wie hier im Hardter Wald.

Begrünung

Der Mönchengladbacher Heimatforscher Karlheinz Büchner notiert in seiner 2016 erschienenen Broschüre „Die alte Landwehr um Hardt“, dass auf Wehren meist Rot- und Hainbuchen, Weißdorn und Schlehen angepflanzt wurden. Um ein undurchdringliches Gestrüpp zu erzielen, wurden die Bäume und Büsche gelemmt: „Dabei wurden die unteren Zweige zu Boden gedrückt, mit Erde bedeckt und beschwert. Der Zweig schlug dann neue Wurzeln und wurde später vom ursprünglichen Baum getrennt und konnte sich zu einem neuen Baum weiterentwickeln.“

Auch schnitt man die jungen Bäume herunter, so dass sich der Stamm mit weiteren Ästen verzweigen konnte, schreibt Karlheinz Büchner weiter. Die Bäume sollten also in die Breite wachsen, um die Wehren möglichst undurchdringlich zu machen. Werner Stops ergänzt, dass die Wehren auch mit verschiedenen Rosenarten, Mispeln sowie fruchttragenden Straucharten bepflanzt wurden. „Vielleicht wurden die Früchte auch von den Anwohnern geerntet“, vermutet der mags-Revierförster: „Ab dem 18. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden große Teile der Landwehren niederwaldartig genutzt. Dabei wurden Rotbuchen, Eichen, Birken und Hainbuchen alle zehn bis 15 Jahre auf den Stock gesetzt, also heruntergeschnitten, wobei das anfallende Holz als Brennholz genutzt wurde. Diese historische Waldnutzungsform wurde Ende der 1960er Jahre eingestellt. Anstelle von Holz traten verstärkt fossile Brennstoffe zur Energieversorgung. Langjährige Nutzungsrückstände und die Trockensommer der letzten drei Jahre führen heute dazu, dass diese überalterten Stöcke teilweise oder ganz absterben. Wegen der Verkehrssicherung an Straßen und Wegen müssen diese Bäume dann gefällt werden.“

Landwehren in den Stadtteilen

Die Hardter Landwehr glich einem wahren Sperrsystem, das die Ortschaft von den umliegenden Orten Vorst, Schwalmtal, Lehlo, Fischeln, Hehn und Rheindalen schützen sollte. Karlheinz Büchner geht davon aus, dass die Hardter Landwehr vermutlich im 14. und 15. Jahrhundert errichtet wurde. 2000 und 2001 rekonstruierte die Stadt Mönchengladbach unter der Leitung von Werner Stops und Albert Erkens Teilabschnitte der Hardter und der Hehner Landwehr. Dabei wurden Straucharten bodeneben geschnitten und neue Sträucher gepflanzt.

Weiter südlich finden wir Überreste von Landwehren in Giesenkirchen, im Wickrather Wald und an der Schriefersmühle Richtung Kreis Heinsberg. Auf weitere ehemalige Grenzbefestigungen treffen wir im östlichen Mönchengladbach in Dahl, Ohler und Holt. In Ohler gibt es sogar ein griechisches Restaurant, das sich in Anlehnung an die Landwehr „Zum Landwehrritter“nennt. Im Norden existieren Teilabschnitte einer Landwehr in Neuwerk.

Landwehren im Wandel der Zeit

Landwehren werden heute vor allem zur Naherholung aufgesucht.

Schon Gaius Iulius Caesar (100 v. Chr. bis  44) erwähnte in seinen Schriften Hecken aus Bäumen, die strauchartig geschnitten waren. Zwischen zwei solcher Hecken waren Dornensträucher gepflanzt, womit die Anlage zu einer dichten Wand wurde.

Diese Vorform der späteren Landwehren wurde ab dem 11. Jahrhundert mit Gräben und Wällen ausgebaut. Ab dem 17. Jahrhundert wurden die Wehren vernachlässigt. Vermutlich waren die stärkere Verbreitung und Anwendung von Waffen schuld an dieser Wende.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte auch die Weiterentwicklung von Waffen dazu, dass die Landwehren zunehmend an Bedeutung verloren, schreibt Karlheinz Büchner. Später trugen die intensive Flurbereinigung, der Straßenbau und die immer dichtere Besiedelung dazu bei, dass die Landwehren immer weiter vernachlässigt oder ganz abgetragen wurden.

Irgendwann erfüllten die ehemaligen Wallanlagen dann einen vollkommen neuen Zweck: den der Naherholung. Und dabei ist es bis heute geblieben.

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