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Forst / Grün

Baum und Pilz: Freunde oder Feinde?

Immer wieder ist in der Presse zu lesen, dass Straßen- oder Parkbäume in Mönchengladbach aufgrund von Pilzbefall gefällt werden müssen. Ihre Stand- und Bruchsicherheit ist durch den Pilz gefährdet. Von diesen Bäumen geht eine Gefahr aus, weil die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben ist. Damit ist gemeint, dass die Wurzeln der Bäume vom Pilz angegriffen sind und dieser sich bereits durch das Kernholz des Baumstammes „gefressen“ hat. Das Kernholz ist das tragende Element eines Baumes. Die Vermutung liegt nahe, dass Pilze generell schlecht für Bäume sind. Doch ist das wirklich so?

Pilze im Wald

Pilze im Wald kennt jeder. Sie sind dort nichts Ungewöhnliches. Besonders bekannt ist der Fliegenpilz wegen seiner leuchtend roten Farbe und den putzigen weißen Punkten auf seinem Hut. Pilzsammler meiden den sehr giftigen Pilz und lassen ihn daher links liegen. Sie halten eher nach dem schmackhaften Steinpilz, dem Birkenpilz, der Krausen Glucke oder dem Pfifferling Ausschau. Stellen all diese Pilze im Wald also eine Gefahr für die Bäume dar? Im Gegenteil!

Allgemeines über Bäume und Pilze

Baumwurzeln haben unterschiedliche Funktionen. Zum einen bieten sie dem Baum Halt im Boden, sodass ihm Wind, Sturm oder Starkregen nichts anhaben können. Zum anderen verzweigen sich Baumwuzeln so fein, um Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufnehmen zu können.

Es gibt jedoch Nährstoffe, an die der Baum mit seinen Feinwurzeln nicht hinkommt. Sie liegen entweder zu tief in der Erde oder kommen am Standort des Baumes einfach nicht vor. An dieser Stelle haben die Pilze ihren großen Auftritt.

Was viele nicht wissen: Pilze leben zum Großteil unterirdisch. Der Pilzkörper, den wir im Herbst sehen und zum Teil auch sammeln, macht nur einen ganz geringen Teil aus. Er ist der Fruchtkörper des Pilzes. Das Myzel, die feinen Wurzeln der Pilze, erschließen dagegen riesige Bodenflächen. Je nach Pilzart erstrecken sie sich über mehrere Kilometer. So gilt der Hallimasch als das größte Lebewesen der Erde. In den USA soll es einen geben, der sich auf einer Fläche von neun Quadratkilometern erstreckt und 600 Tonnen wiegt.

Der Hallimasch ist ein holzzersetzender Pilz. Seine Fruchtkörper sind unscheinbar.
Der Fruchtkörper des Hallimasch. Foto: Pixabay

Dank des großen und dichten unterirdischen Geflechts können Pilze viel mehr Nährstoffe aufnehmen als Bäume. Das Pilzmyzel ist so fein, dass es sogar in Ritzen von Steinen eindringen kann.

Mykorrhiza – die faszinierende Lebensgemeinschaft zwischen Baum und Pilz

Hinter diesem unaussprechlichen Wort steckt die Verbindung zwischen Baum und Pilz. Eine Mykorrhiza ist eine Wurzel, die vom Myzel des Pilzes besiedelt wird. Das geschieht, indem der Pilz eine Wurzel umwächst und in sie eindringt. Baum und Pilz veranstalten so quasi eine Tauschbörse. Sie leben in einer Symbiose.

Der Pilz liefert dem Baum Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff. Der Baum versorgt den Pilz im Gegenzug mit Zucker aus der Photosynthese. Letztere kann der Pilz nicht bilden, da er keine grünen Pflanzenteile mit den nötigen Chloroplasten besitzt. Biologie-Unterricht lässt grüßen. 😉

Viele Bäume könnten ohne die Hilfe der Pilze nicht an ihrem Standort überleben. Darum gehen bereits junge Keimlinge Verbindungen mit Pilzen ein, um sich so schnell wie möglich einen Standortvorteil zu verschaffen.

Die Mykorrhiza übernimmt noch viele weitere Funktionen. Das würde aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

Gute Pilz-Baum-Beziehungen
SteinpilzeBuche, Eiche, Fichte, Kiefer
BirkenröhrlingBirke
PfifferlingWeiß-Tanne
ButterpilzFichte

Holzzersetzende Baumpilze – unsichtbare Gefahr unter der Rinde

Es gibt auch Pilze, die sich vom Holz ihrer Wirtsbäume ernähren: die holzzersetzenden Pilze. Je nach Art zersetzen sie totes oder lebendes Gewebe. Die Folge: Der Baum verliert nach und nach seine Standfestigkeit und stirbt letztendlich ab.

Bei Pilzen, die sich von lebendem Holz ernähren, sprechen die Experten von parasitären Pilzen. Sie gelangen durch Wunden in der Baumrinde in das Holz und zersetzen die Bestandteile des Stammes und der Wurzeln. Ist der Baum stark genug, wehrt er sich gegen den Eindringling. Kann er sich nicht mehr rechtzeitig schützen, weil er unter Trockenstress oder ähnlichen Faktoren leidet oder seine Wurzel zu stark verletzt ist, wächst der Pilz in die Holzstruktur ein und ernährt sich dort von Cellulose oder Lignin.

Braunfäule – Cellulose-Abbau

Der gelbe Schwefelporling ist ein holzzersetzender Pilz, der Braunfäule verursacht.
Der Schwefelporling. Foto: Pixabay

„Holzzersetzende Pilze, die Braunfäule verursachen, ernähren sich von der Cellulose des Baumes. Dabei bleibt das braune Lignin des Holzkörpers übrig“, sagt mags-Förster Werner Stops.

Das Holz wird spröde. Weil dem Baum die Cellulose fehlt, verliert er an Elastizität. Die Folge: Es kommt zum sogenannten Würfelbruch. Dieser ist besonders gefährlich, da der Baumstamm bricht und umfällt.

Der Brandkrustenpilz, der Schwefelporling oder der Birkenporling sind solche holzzersetzenden Pilze, die Braunfäule verursachen.

Weißfäule – Lignin- und Cellulose-Abbau

Parasitäre Pilze, die Weißfäule an Bäumen verursachen, bauen im Holz Lignin und Cellulose ab. Ersteres sorgt maßgeblich für die Stabilität des Baumes. So bestehen 20 bis 30 Prozent des Holzes aus Lignin. Letzteres sorgt ebenfalls für Stabilität des Baumes. Etwa die Hälfte des Holzes besteht aus Cellulose. Weißfäule führt also ebenfalls dazu, dass der Baum seine Standfestigkeit verliert und abstirbt.

Zunderschwämme oder Feuerschwämme sind zum Beispiel holzzersetzende Baumpilze, die Weißfäule verursachen.

Holzzersetzende Pilze
  • Brandkrustenpilz
  • Schwefelporling
  • Riesenporling
  • Birkenporling
  • Zunderschwamm
  • Feuerschwamm

Der Baum-Standort macht den Unterschied

Im Wald, weit weg von Wanderwegen und Publikums- und Straßenverkehr können Bäume, die von parasitären Baumpilzen befallen sind, stehen bleiben und der Natur überlassen werden. Dort zersetzt der Baumpilz den kranken Baum nach und nach, sodass am Ende Humus für den Waldboden übrigbleibt.

Das ist jetzt ganz vereinfacht dargestellt. Natürlich benötigt es viele Zersetzungsprozesse an denen auch Insekten und kleinste Mikroorganismen beteiligt sind. Trotzdem wird hier bereits klar, dass so ein holzzersetzender Pilz für einen Straßen- oder Parkbaum suboptimal ist.

Die Wege im Bunten Garten werden von vielen verschiedenen Baumarten gesäumt.
Der Bunte Garten in Mönchengladbach.

Denn diese sind durch ihren Standort per se stärkeren Belastungen ausgesetzt als Waldbäume, die nicht unmittelbar an einer stark befahrenen Straße stehen, mit Autogasen und Hitze-Absorption von Asphalt zu kämpfen haben oder durch Kanalbauarbeiten, Druckbelastungen durch Parkstreifen oder generelle Straßenbauarbeiten verletzt werden. Wenn diese Bäume zu kippen drohen, stellen sie eine erhebliche Gefahr für den Menschen dar.

Sind Pilze und Bäume nun Freunde oder Feinde?

Ganz klar Freunde. Denn ohne Mykorrhiza würde es den Wald in der Form, wie wir ihn kennen, nicht geben. Viele Baumarten würden ohne die Pilze nicht wachsen. Umgekehrt würde es Mykorrhiza-Pilze ohne ihre Baumpartner nicht geben. So haben Versuche gezeigt, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war, den Steinpilz außerhalb des Waldes zu kultivieren. Ohne die Verbindung zum Baum, bildet er keinen Fruchtkörper aus.

Doch die Mykorrhiza-Pilze sind in Gefahr. Schuld ist der hohe Schadstoffeintrag aus der Luft, der nachgewiesen wurde.

Der  Hardter Wald mit bunten Herbstlaub.
Der Hardter Wald im Herbst.

In der Forstwirtschaft gibt es daher verschiedene Ansätze, den Pilzen bestmögliche Grundlagen zu bieten. So werden etwa dunkle Altbestände Stück für Stück aufgelichtet, um die Bildung von Fruchtkörpern zu erleichtern.

Nach einem Sturm bleiben Jungbäume als „Anker“ für Mykorrhiza-Pilze stehen. Dadurch sterben die Pilze auf Standorten nicht ab und können solange überdauern, bis die Flächen wieder voll bestockt sind.

Auch die Pflanzung unterschiedlicher Baumarten stärkt die biologische Vielfalt (Biodiversität) der Pilze. Der Waldumbau von Monokulturen zu naturnahen Mischwäldern verspricht somit den größten Erfolg für den Erhalt der Mykorrhiza-Pilze. (Quelle: Baumpflegeportal.de)

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