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Grün

Smarte Bewässerung soll Mönchengladbachs Bäume selbstständig machen

Bitte, was?! Wie soll man denn einen Baum zur Selbstständigkeit erziehen?  

Indem man ihn nicht zu sehr verwöhnt. Mit der Bewässerung von Jungbäumen leisten wir notwendige Hilfestellungen. Aber wenn wir es übertreiben, dann bilden sie keine eigenen Überlebensstrategien und das wollen wir schließlich nicht.“

mags-Arborist Hanno Müller  

Er koordiniert die smarte Baumbewässerung bei den Mönchengladbacher Abfall-, Grün- und Straßenbetrieben, die seit Sommer 2021 getestet wird. Mit Hilfe von Sensorik und Wetterdatenbanken werden Bewässerungsrouten mit verschiedenen Zyklen und möglichst optimalen Wassermengen geplant. So erhalten Jungbaume in den ersten fünf Jahren nach ihrer Pflanzung eine Unterstützung, die sie auf ein möglichst langes und selbstständiges Leben im Stadtraum mit vielen Stressfaktoren vorbereiten soll.  

Hanno Müller ist Arborist bei mags und kümmert sich um die Stadtbäume von Mönchengladbach.
Hanno Müller ist Arborist bei mags und kümmert sich mit seinem Team um die Stadtbäume von Mönchengladbach.

Aktuell gibt es zwei verschiedene, feste Bewässerungsrouten: Bäume, die in den letzten drei Jahren gepflanzt wurden, werden alle 14 Tage bewässert und die etwas älteren Jungbäume erhalten nur noch alle vier Woche eine extra Wasserzugabe.  

Spezielle Sensoren helfen bei der Bestimmung der Wassermengen  

Bei dem Einsatz der Sensorik hat sich mags mit dem Unternehmen mm-lab einen Speziallisten für bedarfsgerechte Bewässerung von Stadtgrün ins Boot geholt. So kommen jetzt speziellere Sensoren zum Einsatz, die den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens erfassen und somit die sogenannte nutzbare Feldkapazität. Innerhalb der Sensoren wird ein Unterdruck erzeugt und so ermitteln sie den tatsächlichen Wasseranteil im Boden, der Bäumen und Pflanzen zur Verfügung steht; und das unabhängig von der jeweiligen Bodenbeschaffenheit. Denn ein für uns offensichtlich trockener Boden ist es nicht unbedingt auch für die Pflanzenwelt.   

Boden ist nicht gleich Boden  

In den ländlichen und unbebauten Gebieten von Mönchengladbach sind die Böden überwiegend lehmig. Sie verfügen über einen relativ gleich verteilten Anteil zwischen Ton, Sand und Schluff.  

Das sind Böden, die gut Wasser halten können, aber es nicht unbedingt gerne wieder abgeben. Auch nicht an Pflanzen“, erklärt Müller. 

In den innerstädtischen Bereichen sind die Böden meist zusätzlich stark verdichtet, was die Aufnahme von Wasser erheblich erschwert. Somit steht den Pflanzen noch weniger Wasser zum Leben zur Verfügung. Die Beeinträchtigung dieser erheblich verdichteten Böden führt bei Starkregenereignissen dazu, dass das Wasser einfach darüber hinwegfließt. Viel von dem wertvollen Regenwasser landet auf diesem Wege direkt im Kanal und geht den Pflanzen somit unwiderruflich verloren.  

Ein einzelner Regenschauer oder Gewitter helfen nicht  
Hier scheint zwar die Sonne, aber das Gießfahrzeug ist auch bei oder nach Regen im Einsatz. Die Sensoren im Boden melden den Wasserbedarf.

In den Sommermonaten wünschen sich Gärtner immer wieder einen schönen, langanhaltenden Landregen. Das wäre die ideale, natürliche Bewässerung für Grünanlagen und den städtischen Baumbestand. Denn ein einzelner Schauer ist ein Tropfen auf den heißen Stein und Starkregen kann wie bereits erwähnt gar nicht so schnell vom Boden aufgenommen werden. Die künstliche Bewässerung unterstützt die Zufuhr an Wasser an bestimmten Standorten. Der Regen allein reicht in den Sommermonaten häufig nicht mehr aus, um einen Jungbaum am Leben zu halten. 

Es kann also durchaus passieren, dass man unsere Bewässerungsfahrzeuge auch bei Regen sieht. Der ein oder andere mag uns dann für bekloppt halten, aber der Wasserbedarf ist da. Das bestätigen uns auch die Sensoren“, sagt Hanno Müller.    

Weitere Teststandorte sind im Stadtgebiet angelegt worden  

15 neue Teststandorte, die jeweils mit vier Sensoren ausgestattet sind, erstrecken sich über das Mönchengladbacher Stadtgebiet. Gleich mehrere Standorte gibt es beispielsweise in Hardt oder Rheydt. Die Sensoren werden einmal in Höhe des Wurzelballens in die Erde gebracht sowie in 30 cm, 60 cm und 90 cm Tiefe. Unabhängig von der Sensorik werden bei allen Jungbäumen sogenannte Gießringe mit eingebaut. In diese grüne Umrandung wird bei der künstlichen Bewässerung eine bestimmte Menge Wasser gegeben, die dann langsam in den Boden sickern kann. An vielen anderen Baumstandorten kommen Bewässerungssäcke zum Einsatz. Das Prinzip der stetigen Wasseraufnahme der Böden ist bei beiden Systemen das gleiche. Daher ist es nicht sinnvoll, wenn hilfsbereite Bürger Wassersäcke in grüne Bewässerungsumrandungen stecken. Die Systeme zusammen behindern sich eher und können zu Schäden an den Stämmen führen. 

Dieses Navi im Bewässerungsfahrzeug der GEM leitet den Fahrer durch das Stadtgebiet von Mönchengladbach.

Mit Hilfe eines von mags erstellten Baumkatasters und den Werten, die die Sensoren liefern, sollen künftig die Routen für die Bewässerungsfahrzeuge festgelegt werden. Ein Navigationsgerät leitet dann die Fahrer durch das Mönchengladbacher Stadtgebiet. Das smarte daran: Die Geräte zeigen nicht nur die zu wässernden Baumstandorte an, sondern auch die jeweils benötigte Wassermenge. Die Literangabe sorgt dafür, dass der Bewässerungsarm des Fahrzeugs automatisch die passende Menge abgibt. So fährt das umgebaute Fahrzeug, das übrigens im Winter für den Winterdienst eingesetzt wird, Standort für Standort ab. Hanno Müller kann dank der Sensoren nach der Wässerung online sehen, wie sich die Wasserversorgung für den gegossenen Baum verändert.   

Wir müssen noch eine ganze Weile testen, bis wir ein Fazit zur smarten Bewässerung ziehen können. Dafür brauchen wir mindestens noch einen weiteren Sommer, um zu vergleichen. Unser Ziel ist es, dass wir in Zukunft nicht mehr feste Routen fahren, sondern Routen nach Wasserbedarf.  

Hanno Müller, Mags Arborist
Wie geht es den Bäumen im Sommer 2022? 

Der vergangene Winter hat dem Baumbestand in Mönchengladbach gutgetan. Es war sehr nass und davon zehren alte Bäume heute noch. Deren Wurzeln reichen teils bis zu 40 Meter tief in den Boden.  

Natur und Hightech im Einklang: Auch in den Mönchengladbacher Parks – wie hier im Schmölderpark – kommt die smarte Bewässerung zum Einsatz.

Doch noch ist der Sommer nicht vorbei und ich sage immer wieder: Bäume sind nachtragend! Sie reagieren in der Regel sehr zeitverzögert. So kann es vorkommen, dass ein Baum im Sommer 2022 krank wird, obwohl er aktuell von uns mit Wasser „verwöhnt“ wird. Hinzu kommt aktuell leider eine Dürre, die die trockenen Sommer aus 2018, 2019 und 2020 übertrifft.  

mags-Arborist Hanno Müller

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