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Abfall / Abfallvermeidung

Fast Fashion: Steigende Textilabfallmengen, sinkende Qualität, kaum Recycling

Fast Fashion, das sind meist in Asien produzierte Klamotten zum Discount-Tarif, die sich bei vielen Mode-Konsumenten weltweit steigender Beliebtheit erfreuen – befriedigen sie doch kurzfristige Kaufwünsche. Jeder Deutsche, so das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), kauft im Jahr im Schnitt 60 neue Kleidungsstücke, wovon jedes fünfte fast nie getragen wird. Der rasant steigende Anteil von Online-Käufen verstärkt diese Tendenz noch.

Foto: Pixabay

Für Sammler und Verwerter von Alttextilien sind die Produkte aber aufgrund ihrer in der Regel schlechten Qualität ungeeignet. Nach einer Studie des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) aus dem vergangenen Jahr landeten 2018 in Deutschland 1,3 Millionen Tonnen Alttextilien in Alttextilcontainern. Das waren 300.000 Tonnen mehr als im Jahr 2013. Der BVSE geht davon aus, dass die Müllmengen weiter ansteigen werden.

Fast Fashion als Umweltsünde

Daran ist auch Corona schuld, denn seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 misten die Menschen ihre Kleiderschränke aus. Den wahren Grund für die wachsende Textilmüllflut sieht der BVSE allerdings in der zunehmenden Menge an Fast-Fashion-Kleidung zu Tiefstpreisen auf dem Markt. Diese Bekleidung zu Dumpingpreisen besteht meist aus billigen Chemiefasern wie etwa Polyester, Elastan oder auch Fasermixen, die sich weder als Second-Hand-Ware noch für Recycling eignen. Nach Angaben des BMU wird weltweit weniger als ein Prozent des für die Textilproduktion eingesetzten Materials erneut für die Herstellung von Kleidung wiederverwendet. Rund 80 Prozent der global anfallenden Altkleider werden CO2-intensiv verbrannt oder landen auf Deponien. Etwa zwanzig Prozent durchlaufen den Prozess des Down-Cyclings, fließen also in die Herstellung von etwa Putzlappen oder Dämmstoffen ein.

Foto: Pixabay

Ebenfalls schlimm für die Umwelt: Fast-Fashion-Produkte setzen beim Waschen Mikroplastik frei, die in Gewässer und Meere gelangen. Schätzungen des BMU zufolge werden in Deutschland insgesamt 80 bis 400 Tonnen Mikropartikel jährlich durch Kleidung freigesetzt. Global gesehen, belasten Farben und weitere Chemikalien das Abwasser in Produktionsländern, die oftmals nicht über entsprechende Kläranlagen verfügen.

Baumwolle vernichtet Ressourcen

Kommt Baumwolle in der Fast Fashion zu Einsatz, belastet dies ebenfalls die Umwelt. Denn der Anbau von Baumwolle erfordert große Wassermengen vor allem in Gegenden mit Wassermangel. Um ein Kilogramm Baumwolle zu gewinnen, werden je nach Anbaugebiet bis zu 29.000 Liter Wasser benötigt – der Baumwollstrauch ist ein durstiges Gewächs. Auch Pestizide und Düngemittel sind insbesondere beim konventionellen Baumwollanbau ein Problem. Etwa 14 Prozent des weltweiten Insektizid-Markts und ungefähr fünf Prozent des Pestizidmarktes entfallen auf diesen Bereich.

„Baumwolle vernichtet Ressourcen. Der beliebteste Stoff auf dem Markt kann nicht ausreichend produziert werden, da die Erde ausgelaugt wird.“

Professorin Marion Ellwanger-Mohr von der Hochschule Niederrhein, Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik und Design

Marion Ellwanger-Mohr unterrichtet und forscht in den Bereichen Gestaltungslehre, Textilentwurf und Kollektionsentwicklung mit den Schwerpunkten Textildruck und Weberei: „Wir wissen, dass das Volumen von Altkleidern zugenommen hat, bei gleichzeitiger Abnahme der Qualität. Das geht bis hin zu schädlichen chemischen Fasern, die nicht mehr verwertbar sind. Im Rahmen eines Projekts entwickeln wir daher neue Materialien und Technologien, um die Verwertbarkeit von abgelegten Textilien zu erhöhen. Bis heute gehen Recycling-Verfahren immer mit einem Qualitätsverlust einher. Wir haben eine Faser entwickelt, die aus 100 Prozent recycelten Altkleidern gewonnen wird. Textilien aus nur einer Faser würden preiswerteres Recycling ermöglichen: Bei nur einem Wertstoff entfällt die teure Trennung des textilen Abfalls.“

Baumwolle vernichtet laut Prof. Marion Ellwanger-Mohr Recourcen. Foto: Pixabay

Auch Ansätze in der freien Wirtschaft gehen in eine ähnliche Richtung. So hat beispielsweise das Mönchengladbacher Start-up Eeden ein Fasermaterial hergestellt, das Textilien-Recycling ohne Qualitätsverlust ermöglichen soll. Wann es soweit ist, dass das neue Verfahren dann vielleicht auch wirtschaftlich genug für die Massenproduktion und damit ökonomisch sinnvoll sein wird, darüber kann Eeden noch keine Angaben machen. Martin Wittmann, Vizepräsident des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE), plädiert in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ebenfalls dafür, Textilfasern wiederzuverwerten und für Neuware einzusetzen – eine Technik, die bisher in den Kinderschuhen stecke.

Marion Ellwanger-Mohr fordert eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft: „Für das Recycling sind neue Maschinen nötig, deren Entwicklung kostspielig ist. Daher der große Auftrag an die Hersteller von Textilien: Benutzen Sie recycelbare Fasern zum Upcycling, zum Vergraben für die Entwicklung von Humus, nutzen Sie das Prinzip Cradle to Cradle, also vom Ursprung zum Ursprung.“

Soziale Verantwortung der Textilindustrie
Der Umgang mit Textilien muss sich ändern – auch in der Produktion. Foto: Pixabay

Fast Fashion hat ihren Preis. Das Wissen um die sozialen Auswirkungen der Herstellung von Bekleidung ist nach wie vor gering, und bei der Kaufentscheidung spielen diese Aspekte kaum eine Rolle. Sie sind aber nicht von der Hand zu weisen. Die Näherinnen in vielen Produktionsländern arbeiten unter unmenschlichen Bedingungen.

Der Einsturz der Textilfabrik „Rana Plaza“ in Bangladesch im Jahr 2013 mit mehr als 1.000 Toten war eine Zäsur für die Branche. Im Folgejahr wurde in Deutschland das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiierte Textilbündnis „Bündnis für nachhaltige Textilien“ (Textilbündnis) gegründet, eine Initiative mit über 100 Mitgliedern aus Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Standardorganisationen. Man will als breites Bündnis die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion verbessern, von der Rohstoffproduktion bis zur Entsorgung.

Marion Ellwanger-Mohr plädiert dafür, dass „sich der Umgang mit Textilien ändern muss. Wir tragen Verantwortung für diese Welt. Die Menschen müssen besser aufgeklärt werden. Wir wissen zu wenig über Textilien, wie sie produziert werden und von wem. Es geht auch um Respekt füreinander. Die globale textile Wirtschaftskette macht all das sehr schwierig.“

Textilhersteller und Konsumenten haben es in der Hand

Die Textilhersteller sind ein Grund, weswegen immer mehr Fast Fashion auf den Markt gelangt. Neue Trends und Kollektionen kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt. Große Modeketten bringen jährlich bis zu 24 Kollektionen heraus, so der BVSE. Die Tendenz zeigt weiter nach oben, weil die großen Fast-Fashion-Häuser und Textildiscounter expandieren, meist im Internet. Ein Phänomen in den Augen vieler. Marion Ellwanger-Mohr hat dafür eine Erklärung: „Alles, was neu ist, besetzt unsere Gesellschaft positiv. Alles, was alt und gebraucht ist, besetzt sie negativ, gilt für sie als Müll. Der Begriff ‚Second Hand‘ erinnert viele an Armut. Alles, was damit zusammenhängt, ist unattraktiv.“

Und wie kann ein Ausweg aus der Fast-Fashion-Spirale gelingen? „Wir müssen Ansätze finden, einen Wert für Getragenes zu entwickeln. Ein solcher Aspekt ist es, differenzierter zu konsumieren und Kleidung länger als bisher zu tragen“, schlägt die Professorin vor.

Weniger Konsum, mehr Qualität: Erste Ansätze

Eine wenn auch zaghafte Verbrauchertendenz ist das Anbieten von gut erhaltenen, teuren Second-Hand-Modeprodukten im Internet.

Daneben blüht als Gegenkonzept zur Fast Fashion die neue Fair Fashion auf: Kleidung, die nachhaltig und unter fairen Produktionsbedingungen hergestellt und vertrieben wird. Es gibt allerdings noch keine global gültigen Standards für diese Textilherstellung. Das BMU bietet online einen Ratgeber für bewussten und nachhaltigen Kleidungseinkauf an. Die drei wichtigsten Regeln: beim Kauf auf Siegel und Bioqualität achten, die Kleidung lange tragen, sie reparieren zu lassen statt wegzuwerfen.

Upcycling und Capsule Wardrobe

Das Upcycling von Bekleidung, also neue Mode aus wiederverwertbaren Kleidungsstücken zu produzieren, spart wertvolle Ressourcen und ist ebenfalls ein Modetrend, den das BMU fördert. Dazu gehören unter anderem die Förderung umweltfreundlicher Textilfasern, der Blaue Engel für Textilien oder die neu eingeführte Obhutspflicht für Produkte. Weltweit wird Bekleidung für einen globalen Markt produziert, insbesondere in Asien. Der Einfluss auf diese Prozesse ist begrenzt, dennoch engagiert sich die Bundesregierung nach eigenen Angaben auf verschiedenen Ebenen für umwelt- und sozialverträgliche Textilien.

Foto: Pixabay

Eine Capsule Wardrobe besteht aus etwa 37 hochwertigen und daher lange tragbaren Kleidungsstücken, die auf vielfältige Weise miteinander kombiniert werden können – weniger kann eben auch mehr sein. Mit jeder Saison können wenn überhaupt ein halbes Dutzend Stücke der Capsule Wardrobe ersetzt werden.

Die Botschaft hinter all diesen Ansätzen ist klar: Mehr Qualität kaufen, sich zur Mode bekennen, ja, dabei aber bitte auch die ökonomische und soziale Verantwortung nicht vergessen.

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